Neu-Ulmer Zeitung / 15.02.2015 / von Roland Mayer

Der Verwandlungskünstler

Der gebürtige Bellenberger Rolf Keipl macht aus Natur-Fundstücken durch digitale Bearbeitung kreative Kompositionen.

Unter dem Titel „Die Fette Henne aufgeputzt“ zeigt nun die Thalfinger Galerie auf der Insel Arbeiten des Künstlers – die Ausstellungspremiere Keipls ist zugleich die erste Präsentation im alten Kunststadel nach vier Jahren, die sich dem Medium Fotografie öffnet.

1962 in Bellenberg geboren, ist Rolf Keipl nach Soziologiestudium in Tübingen heute im Vertrieb einer Münchner Informations-Technik-Firma tätig. Doch die Leidenschaft für die Fotografie, die von der Dunkelkammer seines Vaters auf ihn überdampfte, hat ihn auch im digitalen Zeitalter nicht losgelassen. Betreibt sein 1962 in Illertissen geborener Jugendfreund Alfons Alt in Marseille ein experimentelles Atelier für alternative Verfahren, steht Keipls Werkstatt in Lonsee auf der Schwäbischen Alb, wo er seinen digital-fotografischen Arbeiten den letzten Schliff verpasst.

Für seine fotokonzeptionelle Kunst holt er sich zunächst Fundstücke aus der freien Natur: Blüten und Gras, Dolden oder Blätter werden mittels Pinzette auf den Flachbettscanner gelegt und im Zwei-Millimeter-Bereich auf dem menschlichen Auge verborgene Formen hin ertastet und vergrößert. „Ich brauche eine ganz bestimmte Struktur“, sagt Keipl, der die Ergebnisse seiner elektronischen Formenschöpfungen mittels Photoshop noch nachbearbeitet.

Der besondere Reiz der Scanfografie ist für ihn das Sichtbarmachen des Unsichtbaren. Die Objekte werden dabei auch „von Staub befreit und geschärft“. Für Detailblicke hinaus muss sich der Betrachter dann schon auf Augenhöhe mit den quadratischen und hochformatigen Floral-Kreationen begeben: Ein sichelmondförmig geschwungenes Eukalyptusblatt wird zur frühgeschichtlichen Landkarte. Eine „Wuscheldalie“ erscheint im Fine Art Print auf Büttenpapier wie eine schmiegsame Seeanemone. Und für sein Projekt der „Fetten Henne“ hat Keipl zusätzlich Wandputz abfotografiert und die poröse Textur zum fragilen Stillleben auf schwarzem Untergrund verdichtet.

Zu den aus dem Farbscan gewonnenen Bild-Objekten gesellen sich vegetative Exponate in Schwarzweiß, die Keipl im häuslichen Studio nach einem ausgeklügelten Beleuchtungs- und Belichtungssystem mit einer Kleinbildkamera plastisch aufarbeitet. „Auch das unterscheidet mich von den Naturfotografen“, sagt der 52-jährige Hobby-Profi, der die aus vielen Workshops geschöpften Anregungen in der ihm eigenen Kreativität umsetzt.

Dazu gehört nicht zuletzt die finale Handarbeit in seiner benachbarten Werkstatt mit Thermopresse und Passepartout-Schneidetisch, wo auch der Luftentfeuchter zwischen den Fotoprints permanent am Rotieren ist.

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