Südwest Presse (Nr.32) / 08.02.2006 / von Otfried Käppeler

Ausstellungen / Arbeiten von Alfred Bradler und Ingrid Häußler in lokalen Galerien

Eine Frage des Handwerks und des Humors

Für Alfred Bradler ist die Natur Arbeitsfeld und Motiv in einem, für Ingrid Häußler ist sie geradezu ein Materiallager. Beide haben derzeit in der Region eine Ausstellung: Bradler zeigt malerische und skulpturale Arbeiten in der Galerie W, Häußler Objekte in der Galerie auf der Insel.

[...] Eine "Ästhetik des Unscheinbaren" erkennt Galerist Manfred Bittner in den Arbeiten von Ingrid Häußler, die derzeit in der Galerie auf der Insel in Thalfingen ausstellt. Die in Langenau lebende Künstlerin verwendet für ihre Objekte Naturmaterialien wie Körner, die sie, ringförmig geschüttet, auf Bilder klebt. Je nach Korn entsteht eine feine oder grobe Oberflächenstruktur, dominieren helle oder dunkle Farbtöne. Ein Kornhaufen liegt zudem unter einem mit einem Nylonstrumpf überspannten Drahtgestell. Diese Strumpfobjekte gibt es auch ohne Körner mit verschiedenfarbigen Strümpfen. Eine weitere Werkgruppe bilden Tierfiguren, die aus der Erde geformt und mit Wachs oder Zellulose brüchig überzogen sind. Auch hier ist also die materialhafte Oberflächenstruktur betont und mit ihr das Changieren zwischen verschlossenem und offenem Zustand. Die unterschiedliche Lichtdurchlässigkeit erzeugt somit verschiedene Tönungen. Doch sind das alles handwerkliche Kriterien, über welche die Objekte kaum hinaus kommen. Und wenn der Galerist Bittner in den Tierarbeiten, die zum Teil auf Rollen stehen, Humor erkennt, dann ist zumindest in den Arbeiten die Grenze zwischen Humor und Kitsch sehr schwammig gehalten (bis 26. Februar, Do-So 16-18 Uhr)

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Neu-Ulmer Zeitung (Nr.11) / 04.02.2006 / von Roland Meyer

Visitenkarte mit zwei Gesichtern In der Thalfinger Galerie auf der Insel vermengt sich Tradition mit Fortschritt

Elchingen Dass unter dem Zeichen von "Erd-Kunst" auch altsteinzeitliche Tiersymbole zu neuem Leben erweckt werden, zeigt die Ausstellung von Ingrid Häußler in der "Galerie auf der Insel". Und zum guten Sprung ins neue Jahr hat Manfred Bittners Thalfinger Galerie gleich auch noch auf online geschaltet.

So zeigt die kleine Galerie in der Ulmer Straße im neuen Jahr in Ausstellungsforum und Öffentlichkeitspräsentation eine Visitenkarte mit zwei Gesichtern, die keine Janusköpfe sind: Archaische Stilelemente durchziehen die Objekte der Langenauer Kunstschaffenden Ingrid Häußler wie eine Nabelschnur zur Mutter Erde. Dörflicher Stadelcharakter, der die Atmosphäre der von Bittner angemieteten Räume schon in der Außenfassade widerspiegelt, ist in der Zeichnung festgehalten, die auch die neue Homepage wie ein Logo ziert. Mit dieser elektronischen Visitenkarte hat der Galerist dem Zeittrend Rechnung getragen. Und wer sich im Internet markiert, der darf auch mit digitaler Post rechnen. Viele Kunstschaffende, die jetzt im Netz auf die Thalfinger Insel-Galerie gestoßen sind, haben so in den letzten Tagen und Wochen ihre Bewerbungen auf eine Ausstellung in Thalfingen abgegeben. Da freut sich der Galerist, der andererseits noch ein paar zusätzliche Nachtschichten einlegen muss, um die Post zu sichten und Entscheidungen für seine Ausstellungs-Fahrplan zu treffen. Die Objekte der gelernten Textilgestalterin Ingrid Häußler tragen erdverbundene Namen wie "In Reis gelagert" oder "Rapsring". In der Tat schöpft die Kunstschaffende aus den Naturalien unseres Planeten, ohne gleich ein Erntedankfest draus zu machen. Ihre prallen Tier-Objekte sind pfiffige Figurenspiele, die ländliches Milieu auch im Material verarbeiten: Erde, Weizen, Holz. Zerfurchte Oberflächen werden kontrastiert durch Harmonieschübe von Wachs oder Nylon. "Earth-Art" macht auch vor Recycling-Stücken wie platten Aludosen nicht Halt, die als Object trouve durchschimmern. Die altsteinzeitliche Bisonfigur ist eine Miniatur im hölzernen Schrein. Häußlers farbstarke Acrylbilder zieren den Nebenschauplatz.

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