Südwest
Presse/16.01.2018/von Otfried Käppeler
Fragmentierte
Bilderwelt
Wolfgang
Rittner malt gegenständlich. Allerdings verschwinden die Motive
in seinem Stillleben fast gänzlich. Feinste Linien und zarte
Farbschatten bilden eine fragmentierte, lichtdurchflutete Bildwelt
aus, die nicht einfach Reales wiedergibt. Vielmehr geben die Bilder
"einen leichten Abdruck einer (!) Wirklichkeit", sagt
Galerist Manfred Bittner in der Galerie auf der Insel in Thalfingen.
Man kann Stillleben heute als konventionell abtun, besonders wenn
man sich, wie Rittner, auf Paul Cézannes Theorien der Malerei
bezieht. Doch gelingt es dem in Kirchberg/Iller lebenden Künstler
doch, eine eigene malerische Haltung aus der Tradition des Sujets
zu entwickeln, die letztlich konzeptionell geprägt ist. Dass
Wirklichkeit diffus und subjektiv ist, darauf verweisen die malerischen
Mittel. Rittners Bilder kann man auch einfach anschauen, ohne Theorie
im Hinterkopf. Sie vermitteln ein hohes Maß an reflektiertem,
doch reduziertem Einsatz der Mittel im Quasi-Verschwinden der Dinge,
der Wirklichkeit (und also auch der Malerei?), und wie von selbst
wird damit dem Pathos, das einem gemalten Motiv oft eigen ist, entgegenwirkt
(bis 11. 12., Do-So 16-18 Uhr).
käl
Neu-Ulmer
Zeitung/19.01.2018/von Florian L. Arnold
Der
Zeit und der Welt entrückt
Wolfgang
Ritter arbeitet lieber im Verborgenen. Seine "Sakralpop"-Bilder
erregten einst Aufsehen - bis hin zu Blasphemie-Vorwürfen.
Die Galerie auf der Insel zeigt nun aber eine ganz andere Seite
des Malers
140
Ausstellungen gab es in der Galerie auf der Insel bereits zu bestaunen
- doch mit der 141. Ausstellung probiert Galerist Manfred Bittner
etwas Neues aus: eine Retrospektive eines Künstlers aus der
Region. Noch dazu eines Mannes, der lieber in seinem Atelier bleibt,
als sich dem Schaulaufen der Szene bei Einzel- und Gruppenausstellungen
anzuschließen. Wolfgang Rittner aus Kirchberg an der Iller.
Der
1961 geborene Künstler absolvierte ein Grafikstudium, setze
dann in Stuttgart das Kunststudium drauf und machte anschließend
mit seinen "Sakralpop"-Arbeiten auf sich aufmerksam. Die
Arbeiten erstaun(t)en durch ihre Symbiose aus altmeisterlicher Tafelmalerei
und Einschlägen von Pop-Art. Vom Bistum Rottenburg wurde die
reizvolle großformatige Serie hingegen mit Entgeisterung aufgenommen:
Weil er neben eine Jungfrau Maria einen schlafenden Hund platziert
hatte, wurde Rittner vom damaligen Chefkonservator der "Blasphemie"
bezichtigt. Kein schlechter Start für eine Künstlerkarriere.
Aber
Rittner, übrigens in Teenagerjahren auch einer der Gründer
der Illertisser Prog-Rock - und späteren Heavy-Metal-Band Gravestone,
legte keine Wert auf Rampenlicht, lieber befasst er sich mit Kunst
- vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Wenn Galerist Manfred Bittner
also eine Retrospektive ankündigt, macht das neugierig, zumal
diese Werkschau drei Phasen beinhalten soll. Die erste Ausstellung
ist aktuell in der Thalfinger Galerie zu sehen und zeigt jenen Werkbereich,
mit dem Rittner sich ganz zu Beginn seiner Laufbahn beschäftigte
- und den er zuletzt wieder aufnahm.
Aus
der Entfernung nimmt der Betrachter farbige Schlieren wahr, nichts
Gegenständliches und viel Weißraum. Erst aus der Nähe
sieht man Stillleben in recht klassischer Manier: Obst, Geschirr,
Andeutungen von Interieur. Diese Gegenstände zeigt Rittner
nur durch ihre "farbigen Schatten". Sie erhalten dadurch
etwas Irreales, Transzendentales. Wird ein Element dann doch einmal
durch mehr als nur seine Schattenrisse dargestellt, geschieht dies
nicht immer in den bekannten Gegenstandsfarben.
Cézanne
war eine wesentliche Inspiration: "Ich habe mich sehr mit seinen
Themen und Farben befasst. Es gibt heute keine neue Formen mehr,
nur Rückgriffe auf bereits Entstandenes", sagt der Künstler.
Rittners
Interesse gilt dem Gegenständlichen, gilt der Erforschung von
Licht und Raum, wie es durch die Impressionisten geschah. Dorch
arbeite er immer "aus dem Leben heraus". Kunst, so sagt
er, "hält mich am Leben".
Ein
wenig sieht Rittner seine Malerei "außerhalb der Zeit".
Da er "computermäßig nicht fit" sei, befasse
er sich kaum mit den aktuellen Vorgängen in der Kunst. Modeströmungen
interessierten den Künstler nie, und so darf man sein Fehlen
in den Online-Medien auch als Statement verstehen. Betritt man das
Atelier des Kirchbergers, scheint dort alles der Zeit entrückt.
Rittner hat sich dort ein eigenes Reich geschaffen, in dem er ohne
Druck und Lieferfristen seine Bilder entwickeln kann. Da gerät
Bittner ins Schwärmen: Wie eine große "Kunstinstallation"
sei das. Und es sei "längst fällig, dieses Werk der
Würdigung des Publikums zu empfehlen". Darum sollen 2019
und 2020 weitere Auschnitte aus Rittners Arbeit zu sehen sein.
Öffnungszeiten:
Bis 11. Februar, immer Donnerstag bis Sonntag, 16 bis 18 Uhr, und
nach Vereinbarung.
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