Neu-Ulmer
Zeitung / 02.04.2002 / von Roland Mayer Olympische
Blitze Michael Geyers Zeichnungen in Thalfingens Insel-Galerie Sein
Bruder Hermann war in der Thalfinger ,,Galerie auf der Insel" bereits mit dem
biblischen Zyklus ,,Jakob und Esau" vertreten. Von Wilhelm Geyer, dem Vater, dem
1968 gestorbenen Kunst- und Kirchenmaler, ist noch bis 14. April ein Lithographie-Zyklus
zur Passion Christi im Roggenburger Klostermuseum zu besichtigen. Und mit dem
in Obertalfingen lebenden Michael Geyer hat ein weiterer Spross aus der malenden
Künstlerfamilie die Rampe der Öffentlichkeit betreten - erstmals im Alten Stadel
der Ulmer Straße 6. Seine
Zeichnungen eröffnen ein erfrischendes Spektrum zwischen Genuss und Kentauren,
zwischen modernem Europa und antiker Mythologie, zwischen zeichnerischer Potenz
und listiger Karikatur. Dazu Galerist Manfred Bittner bei der Ausstellungseröffnung:
,,Ausgestattet ,mit einer eigenen, unverwechselbaren Bildsprache, dreht er die
Mythen um, nämlich ins heiter Sinnliche, ins genussreich Ironische". Fabelwesen
im Turnier Michael Geyer gibt sich in seinen kabarettistischen Anmerkungen zur
Nachzüchtung der Fabelwesen der Kentauren, die die griechische Mythologie um die
fruchtbare Halbinsel Pilion herum bekanntlich mit einem menschlichen Oberkörper
und dem Unterleib eines Pferdes bedacht hat, humoristisch wie in seinen Zeichnungen:
,,Das olympische Komitee ist sich zum großen Teil sicher, dass damit sowohl bei
der Military, dem Turnierreiten, als auch der Dressur neue Akzente gesetzt werden
könnten". In der Tat bereiten die 35 Exponate in der kleinen Insel-Galerie dem
Augenzwinkern keine Mühe, ergänzen sich Vino Rosso, Spaghetti, Hirschbraten und
sagenhafte Paarhufer aufs Trefflichste, zumal Geyers kulturbeflissene und kulinarische
Trickkiste immer neue Schmunzel- und Streicheleinheiten auf Lager hat - die Pikser
inbegriffen. Da verpufft jegliche Heimtücke oder Cheironische Weisheit der Chimären,
wenn Geyer seinen Kentaur zum Schaukelpferd stilisiert oder der Turnierreiter
zum Kuss ansetzt. Der moderne Genuss-Mensch pendelt cartoonhaft zwischen Wildschwein,
Austern und Hirschbraten hin und her - die Pointe folgt flugs auf dem Fuß. Gefahrlos
kann man sich diese aphoristischen Episoden auf der Zunge zergehen lassen, die
der Galerist zeichnerisch in die ,,gute Tradition" von Saul Steinberg, Rauch oder
Tommy Ungerer einreiht. Der erzählte Bildgedanke eröffnet sich dabei im ,,gezeichnetet
Aphorismus". Der oft serienhafte Charakter bürgt für weitere Stationen, die wie
ein Movie zum bitteren Ende führen, das sich natürlich als Happy End versteht.
Bei Geyer wirkt ein Bauch prall und eine Brust ,,drall": ,,So leben viele seiner
Zeichnungen eben über den Aphorismus hinaus von der Kraft und der Ausdrucksfähigkeit
seiner Linien". Michael Geyers Zeichnungen ,,Essentiell Kulturesk" sind in der
Thalfinger Insel-Galerie noch bis 21. April zu sehen. Geöffnet Donnerstag bis
Sonntag, 16-18 Uhr. zurück |